Die AsylbLG Novelle 2015 und das BVerfG-AsylbLG Urteil
2012, Stellungnahmen, Kommentare
Die
AsylbLG-Novelle 2015
Die Zustimmung von SPD und Grünen im Bundesrat
am 28.11.14
Anhörung im Bundestagsausschuss für Arbeit
und Soziales am 3.11.2014
Ausführliche Stellungnahme
Flüchtlingsrat Berlin, Okt. 2014
Weitere Stellungnahmen
Das Urteil des BVerfG zum
AsylbLG vom 18.07.2012
Die AsylbLG-Novelle
2015 - Entwurf, Wortlaut, Kommentare
Die Bundesregierung
legte im September 2014 den Gesetzentwurf
zur Reform des AsylbLG vor, BT-Drs.
18/2592. Linke (BT
Drs 18/2736) und Grüne (BT
Drs 18/2871) forderten die Abschaffung des AsylbLG. Der
Entwurf soll das BVerfG-Urteil
vom 18.07.2012 zur Verfassungswidrigkeit der Leistungshöhe,
des Personenkreises und der Anwendungsdauer des AsylbLG umsetzen,
nachdem ein erster BMAS-Entwurf
vom Dezember 2012 nicht weiter verfolgt wurde.
An verfassungswidrigen Leistungskürzungen (§ 1a AsylbLG),
diskriminierenden Sachleistungen (§§ 1a und 3
AsylbLG) und der lebensgefährlichen Minimalmedizin (§§ 4 und
6 AsylbLG, Beispiele hier,
hier
und hier)
hält die AsylbLG-Novelle fest. Sie wurde vom Bundestag (Protokoll
6.11.14 TOP 8) und am 28.11.2014 überraschend auch vom
Bundesrat bestätigt.
Aufgrund des "Asylkompromisses"
im Bundesrat am 19.09.2014 sieht ein weiteres Gesetz, das sog.
"Rechtstellungsverbesserungsgesetz", die weitgehende Aufhebung des Sachleistungsvorrangs
nach § 3 AsylbLG vor. Der Gesetzentwurf (BT-Drs 18-3144)
wurde mit den Änderungen des Innenausschusses (BT-Drs 18-3444)
vom Bundestag und Bundesrat bestätigt.
Die Änderungen des AsylbLG durch beide Gesetze sind seit
1. März 2015 in Kraft:
Die Zustimmung von SPD und Grünen zur
AsylbLG-Novelle im Bundesrat
SPD und Grüne haben am 28.11.14 dem Fortbestand des AsylbLG und der
Minimalmedizin zugestimmt. Dabei hatte der Bundesrat noch am
10.10.2014 auf Initiative Hamburgs eine Änderung des § 4 AsylbLG
vorgeschlagen, um Krankenversichertenkarten nach § 264 Abs.
2 SGB V und grundsätzlich den gleichen Behandlungsumfang wie für
gesetzlich Versicherte zu gewähren (BR
Drs. 392/2/14 (neu) v. 10.10.14). Einschränkungen bei der
Krankenbehandlung sollten nur per Rechtsverordnung des BMAS möglich
sein.
Der Bundesratsausschuss für Arbeit und Soziales empfahl dem
Bundesrat noch am 17.11.14 die Ablehnung der
AsylbLG-Novelle und forderte: Personen mit Aufenthaltserlaubnis
sollten nicht mehr unter das AsylbLG fallen, Asylbewerber und
Geduldete sollten nach 12 Monaten direkt ins SGB II/XII
integriert werden, und die Krankenbehandlung sollte nach
§ 264 Absatz 2 SGB V auf die Krankenkassen übertragen werden
(BR-Drs.
513/1/14 v. 17.11.14).
Die Bundesregierung erkaufte sich die dennoch am 28.11.14 erfolgte Zustimmung
des Bundesrates zur unveränderten AsylbLG-Novelle erst am Vortag
durch Finanzzusagen
an die Länder. Auch alle Länder mit grüner Regierungsbeteiligung
stimmten überraschend für die AsylbLG-Novelle, allein Brandenburg
(rot-rote Koalition) enthielt sich. Die Grünen
rechtfertigten in einer Pressemitteilung ihre Zustimmung zur
AsylbLG-Novelle, indem sie wahrheitswidrig behaupteten, dass sie im
Bundesrat wichtige Verbesserungen für Flüchtlinge in den Kommunen
durchgesetzt hätten: "In Zukunft könnten
Flüchtlinge in Deutschland die Gesundheitskarte bekommen,
die bisher nur unzureichend medizinisch versorgt werden konnten."
Dabei kann die Gesundheitsversorgung nach § 264 Abs. 1 SGB V
schon bisher an eine Krankenkasse übertragen und über eine
Gesundheitskarte abgewickelt werden kann, Hamburg
und Bremen praktizieren dies seit 2005 bzw 2012. Tatsache ist,
dass die vom Bundesrat mit Hilfe der Grünen verabschiedete Fassung
der AsylbLG-Novelle unverändert nur die Minimalmedizin
der §§ 4 und 6 AsylbLG vorsieht. Die aufgrund der Mehrheiten
im Bundesrat bestehende reale Chance, eine menschenrechtskonforme
medizinische Versorgung für Flüchtlinge einzuführen, wurde vertan.
PE Pro Asyl vom 28.11.2014: AsylbLG:
Milliarden-Deal auf Kosten der Gesundheit von Flüchtlingen
TAZ vom 05.12.2014: Grüne
Asylpolitik auf Kompromisskurs - Die Stille nach dem Beschluss
Anhörung im Bundestagsausschuss für
Arbeit und Soziales am
3.11.2014
Bericht hib
"Heute im Bundestag", Dokumentation der Anhörung im Bundestags-TV
Stellungnahmen
aller Experten/innen
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfahl dem Bundestag,
das Gesetz unverändert zu verabschieden (BT-Drs
18/3073 v. 5.11.2014). In der Beschlussempfehlung heißt es: „Die
Fraktion der SPD verwies mit Stolz
darauf, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nunmehr
umgesetzt würden – und das in einem guten Gesetz."
Stellungnahmen
Flüchtlingsrat Berlin
Stellungnahme
Flüchtlingsrat Berlin, Okt. 2014
Zum Reformbedarf des verfassungswidrigen AsylbLG vgl.
bereits ausführlich:
Flüchtlingsrat Berlin, Stellungnahme
zum Entwurf des BMAS, Januar 2013
Classen, Das
AsylbLG und das Grundrecht auf ein menschenwürdiges
Existenzminimum, Februar 2012
Weitere Stellungnahmen
August 2014
Thesen
Flüchtlingsrat Berlin (1 Seite pdf)
PE
Landesregierung Rheinland Pfalz 27.08.2014
PE
Caritas 27.08.2014: AsylbLG endlich abschaffen!
Juni 2014
Die Stellungnahmen beziehen sich auf den BMAS Entwurf vom
Juni 2014, die Kritik trifft jedoch bis auf drei Änderungen
(teilweise Einbeziehung § 25 V AufenthG, Mindestbezugsdauer 15
Monate, Herausnahme § 25 IVa und IVb AufenthG) auch auf den
Regierungsentwurf vom 27.08.2014 zu.
Stellungnahme
Flüchtlingsrat Berlin (58 Seiten, pdf)
PRO
ASYL
Deutscher
Anwaltsverein - DAV
Deutsches
Institut für Menschenrechte
Evangelische
Kirche und Katholisches Büro - EKD und DBK
Vereinigung
demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. - VDJ
Bundesweiter
Koordinierungskreis gegen Menschenhandel - KOK e.V.
Bundesarbeitsgemeinschaft
der Freien Wohlfahrtspflege - BAGFW
Bundesärztekammer
Deutsche
Krankenhausgesellschaft (nur zu §§ 6a/6b AsylbLG neu)
GKV-Spitzenverband
(nur zu § 264 Abs. 2 ff SGB V)
Internationale
Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer
Verantwortung - IPPNW e.V. (zum Zugang zu medizinischer
Versorgung)
Deutscher
Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und
Gemeindebund
dpw: Reform
der Leistungen für Asylbewerber: Paritätischer kritisiert
Regierungspläne als inhuman und verfassungswidrig,
20.06.2014
Das Urteil des BVerfG
zum AsylbLG vom 18.07.2012
Das Bundesverfassungsgericht hatte mit
Urteil vom 18.07.2012 Leistungshöhe, Anwendungsdauer
und Personenkreis des AsylbLG für verfassungswidrig
erklärt.
Die Geldleistungen nach § 3 AsylbLG seien evident unzureichend, weil
sie seit 1993 nicht erhöht worden sind. Art. 1 Abs. 1 GG in
Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG
garantiere ein Grundrecht auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums. Art. 1 Abs. 1 GG begründe
diesen Anspruch als Menschenrecht. Er umfasse sowohl die physische
Existenz des Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit zur
Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an
Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben.
Das Grundrecht stehe deutschen und ausländischen
Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland
aufhalten, gleichermaßen zu (Leitsätze
1 und 2).
Falls der Gesetzgeber bei der Bemessung des menschenwürdigen
Existenzminimums die Besonderheiten bestimmter Personengruppen
berücksichtigen wolle, dürfe er nicht pauschal nach dem
Aufenthaltsstatus differenzieren. Eine Differenzierung sei nur
möglich, sofern der Bedarf von dem anderer Bedürftiger signifikant
abweiche und dies folgerichtig in einem inhaltlich transparenten
Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser Gruppe
belegt werden könne (Leitsatz
3).
Art. 1 Abs 1 iVm Art. 20 Abs. 1 GG
verlange, dass das Existenzmimimum in jedem Fall und zu
jeder Zeit sichergestellt sein muss.
Die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde sei
migrationspolitisch nicht zu relativieren (Rn 120 f.).
Das BVerfG hat den Gesetzgeber aufgefordert, "unverzüglich"
eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen.
Für die Übergangszeit hat das BVerfG die Höhe der Leistungen
festgesetzt, die sich seitdem an den Hartz-IV
Regelbedarfen orientiert.
Weitere Infos und Kommentierungen zum
BVerfG-Urteil und zur Übergangsregelung zum AsylbLG siehe
hier.
____
Stand 25. März 2015
Flüchtlingsrat Berlin, Georgenkirchstr 69-70, 10249 Berlin
Tel ++49-30-243445762, FAX ++49-30-243445763
buero@fluechtlingsrat-berlin.de
www.fluechtlingsrat-berlin.de
> zurück zur Startseite!